Zu unserer Branding-Geschichte
Seit vielen Jahren interessieren wir uns für Branding, ausgelöst
von einer zerfledderten Fotokopie des Artikels "Kiss of Fire - ABC of
Branding" von Fakir Musafar (In der ersten Ausgabe der amerikanischen
Zeitschrift "Body Play"). Dann erhielt Andrea auf einem SM-Camp ein
Brandeisen geschenkt.
In unserer SM-Family
war Branding immer mal wieder Thema, bis es Mitte der 90er Jahre endlich
dringend wurde: Mal wieder ein Herz und ein Gedanke trafen Andrea und
ich uns zufällig in einem Laden, der Gasbrenner und Stahlstreifen
verkaufte. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir alles, was es zu diesem Thema
zu lesen und zu gucken gab, gierig verschlungen, hatten mit ein paar
Leuten gesprochen, die Brandings hatten oder selbst innerhalb einer
SM-Session gebrandet hatten. Das Gespräch mit drei sich als professionell
verstehenden Brandern hatte nichts wirklich interessantes ergeben, vielleicht
wollten sie aber auch ihr Wissen nicht preisgeben.
Auch Andrea hatte sich weitergebildet und die Resourcen im Netz durchstöbert.
Wir hatten von schweren
Infektionen gehört, von tagelangem Schmerz, von Ohnmachten, von
sogenannten "Blobs"(Brandwunden die völlig ihre Form verloren haben).
Wir wußten, Fehler würden auch wir machen, aber als Experimentierfeld
wollten wir potentielle Kunden nicht mißbrauchen. So kam die Zeit
der Selbstversuche und der Tests im Freundeskreis (ihrem Mut und Vertrauen
sei hiermit gedankt). Das Üben mit der Schweineschwarte bzw. der
rohen Kartoffel als Probemedium fanden wir dann doch zu unbefriedigend.
Inzwischen haben wir einige hundert geglückte Brandings (davon
nur einen Bruchteil ich selbst, denn schon lange macht nur Andrea die
Brandings) gemacht, gesehen haben wir außerdem etwa noch doppelt
so viele von anderen Brandern. Matthias trägt ein Armband aus 14
Strokes und am anderen Arm eine doppelte Ergänzung seines
Tattoos. Außerdem zieht sich auf seinem Rücken ein paralleles
Band von Brandings hinauf. Und seit einigen Jahren zieren ihn die Kanji
für Tatsu Otoko (Drachenmann). Andreas erstes Branding war ein
Schutzzeichen auf ihrem Rücken Mitte der 90er Jahre, welches immer
noch sichtbar ist. Aber die Sonne auf dem Bauch von Andrea (während
zwei Sitzungen im Abstand von einem Jahr mit 14 bzw. 12 Strokes gebrannt)
ist fast nur noch zu erkennen, wenn sie ein bißchen gebräunt
ist.
Was ist Branding?
Das gewollte und bewußte Erzeugen einer möglichst dauerhaften
Narbe mittels heißem, glühendem (red-hot) Metall. Es sollte
nur von erfahrenen Brandern und nicht im Selbstversuch ausgeführt
werden. Bei der von uns benutzten Methode brennt sich das Eisen innerhalb
einer Sekunde (maximal) in die obersten Hautschichten (Epidermis und
teilweise Lederhaut) ein, das Unterhautfettgewebe bleibt unberührt.
Warum Branding?
Für viele ist es eine Art Symbol, ein Ausdruck ihrer Initiation
(das heißt als Markierung eines bestimmten Lebensabschnittes oder
vor dem Eintreten in einen neuen Abschnitt) oder Ausdruck besonderer
Liebe und Hingabe an eine Person oder Situation. Auch ästhetische
Gründe spielen eine Rolle. Innerhalb einer SM-Beziehung kann es
sich auch um den endgültigen Ausdruck von Besitzrecht handeln.
Ein anderer Grund können vorhandene Narben sein, die eingebaut
in ein Branding-Design ihren störenden Charakter verlieren.
Was ist das
Hauptrisiko?
Das größte Problem ist, dass man nie genau wissen kann, wie
gut das Branding wird, ob es ästhetisch befriedigend aussieht,
kurz: dass es nicht so schön aussieht, wie man es sich vorher vorgestellt
hat. Außerdem hängt es von verschiedenen unbeeinflußbaren
Faktoren ab, wie lange es deutlich sichtbar sein wird. Das liegt an
den unterschiedlichsten Gründen wie Hauttypus, Heilungsverlauf
etc. Aber merke: Nicht der Brander macht die Narbe, sondern der eigene
Körper.
Das Infektionsrisiko dagegen ist bei korrekter Pflege ziemlich gering.
(Zwei leichte Infektionen bei einigen tausend einzelnen Strokes sprechen
für sich.)
Wie sieht es
mit der Narbenbildung aus?
Erhabene Narben entstehen durch körpereigene Keloide. Je dunkler
die Haut, desto mehr Keloide sind meist vorhanden. Das heißt bei
hellhäutigen Menschen (dem typischen Mitteleuropäer) gibt
es seltener eine so ausgeprägte Narbenbildung wie bei dunkelhäutigen
Menschen. Doch gibt es individuelle Unterschiede was die Sichtbarkeit
eines Brandings anbelangt.
Die meisten Brandingnarben bei Europäern erscheinen nach Abheilung
als kaum erhabene, weiße Zeichen auf der Haut, doch bei einigen
bleiben sie rötlich. Um die Narben dauerhaft sichtbar bleiben zu
lassen, empfehlen wir das Nachbrennen mit den Original-Eisen nach einem
halben Jahr.
Was ist ein
Multi-Stroke-Branding?
Das fertige Branding ist aus einzelnen Brandings zusammengesetzt, jeder
dieser einzelnen Strokes sollte nicht länger als einige Zentimer
sein. Multi-Stroke-Brandings können in einer Sitzung oder auch
in mehreren Sitzungen fertiggestellt werden. Multi-Stroke-Branding erfordert
nicht die teure Herstellung eines Brandeisens, da es aus unterschiedlichen
Standardformen zusammengesetzt wird. Für
jeden werden die Eisen individuell gearbeitet und man bekommt sie hinterher
zum eventuellen Nachbrennen mit nach Hause.
Wie weh tut
es?
Weniger als man denkt. Es gibt nur einen kurzen, zuckenden Schmerz,
dann geht das Gewebe in den Schock, die Nervenenden werden verbrannt.
Es ist also nicht mit einer normalen Unfallverbrennung z.B. durch Zigarettenglut
zu vergleichen. Viele Menschen erleben den Schmerz als erdend, geil,
high machend (durch die Endorphinausschüttung). Tiefes befreites
Lachen aus dem Bauch heraus oder Tränen danach, wenn der Schmerz
abgeklungen ist, sind nur scheinbar ungewöhnliche Reaktionen.
Es kann eine gute Möglichkeit
sein, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Es entsteht
im Idealfall eine große Intimität zwischen demjenigen der
brandet und dem "Opfer". Branden wirkt in beide Richtungen.
Andrea: "Es ist für mich ein sehr intimer Akt, jemanden bewußt
zu verletzen - auch wenn dieser das ausdrücklich will".
Erst wenn die Wunde heilt, fängt sie an etwas zu schmerzen. Sie
ist sehr empfindlich, besonders dann, wenn sie an einem Körperstück
ist, dessen Gewebe sich dehnt. (z.B. Bizeps, Schulter) oder wo die Stelle
durch Kleidung permanent gereizt wird (z.B. Sliprand).
Wie lange dauert
die Heilung?
Die Wunde geht durch mehrere Phasen der Heilung. Direkt nach dem Brennen
ist die Stelle weißlich grau, einige Stunden später wird
sie rötlich bis dunkelgrau-schwarz. An den folgenden Tagen sieht
das Branding sehr klar aus, dann bildet sich eine dicke Schorfschicht,
die in zwei oder mehr Wochen abheilt. Es ist darauf zu achten, daß
der Schorf unverletzt bleibt und elastisch gehalten wird. Unter der
Dusche weicht der Schorf auf, die oberste Schicht kann mit einem sauberen
Tuch vorsichtig abgetupft werden (nicht abkratzen oder sonstwie gewaltsam
entfernen). Die Wundränder sind mehr oder weniger stark gerötet.
Nach 3 bis 6 Wochen ist eine rötliche Narbe zu sehen, die im Laufe
der nächsten Monate immer mehr verblaßt.
Wie wird ein
Branding gepflegt?
Gleich nach dem Brennen Neo-Ballistol oder Aloe Vera Tinktur auftragen
und das dann 4 mal täglich wiederholen. Die Wunde braucht viel
frische Luft und normalerweise keinen Verband, daher sind auch enge
Kleidungsstücke zu vermeiden. Nach Abschluß der Krustenbildung
(ca. 8 bis 10 Tage nach dem Branding) kann man auch Panthenol Salbe
verwenden, um den Schorf etwas geschmeidiger zu halten.
Es ist wichtig den Schorf nicht abzuziehen oder sonstwie zu verletzen,
auch wenn der Heilungsjuckreiz einen manchmal dazu verführt, denn
der Schorf schützt die Wunde vor Infektionen. Normalerweise näßt
die Wunde nicht, wenn das doch einmal der Fall sein sollte, muß
die Wunde mit einem sterilen Brandwunden-Verband abgedeckt werden. Falls
sich die Wundränder stärker röten und die Wunde sich
heiß und pochend anfühlt, hat es eine Infektion gegeben.
Anitbiotikapuder oder Betaisadona Salbe auftragen, sollte nach spätestens
3 Tagen Linderung verschafft haben, ansonsten muß die Wunde einem
Arzt gezeigt werden.
Brandingmotive?
Mit Brandings kann man keine detaillierten oder filigranen Strukturen
machen. Normalerweise wird mit Eisenstreifen aus Stahl gebrannt, die
0,5 bis 1 mm dick sind, das ergibt eine Narbe von ca. 2 bis 4mm Breite.
Für "Dots" (punktförmige Brandings) benutzen wir glattgefeilte
Stahlnägel. Mehr oder weniger geometrische Formen sind am sinnvollsten
und besten umzusetzen. Problematisch
sind in sich geschlossene Formen wie z.B. Kreise oder Buchstaben wie
das D, das P, das R etc., denn die Oberhaut innerhalb dieser Form kann
untergehen, weil sie nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt
wird. Dies läßt sich dadurch verhindern, daß jeweils
schmale Stege frei gelassen werden. Ähnlich problematisch sind
sehr spitzeWinkel (kleiner als 60 Grad), da das Gewebe in der Ecke so
belastet wird, daß die Ecke unsauber verheilen kann.
Wo kann gebrandet
werden?
Voraussetzung für ein gelungenes Branding ist eine relativ plane
Fläche (Haare sind vorher zu entfernen), wie sie z.B. am äußeren
Oberarm, an der Schulter, der Hüfte und dem Po, den Oberschenkeln
vorkommt. Doch das hängt vom individuellen Körperbau und der
Größe des Brandings ab. Es muß nur eine Stelle sein,
an der das Eisen möglichst gleichmäßig auf das Gewebe
aufgesetzt werden kann. Gebrandet wird nur an Stellen, unter denen Muskelgewebe
oder Bindegewebe vorkommt, Gegenden in denen wichtige Gefäße,
Sehnen oder Gelenke direkt unter der Hautoberfläche liegen sind
für ein Branding tabu.
Kosten eines Brandings?
Der Erstberatungstermin kostet € 40,- (wird mit
dem Branding verrechnet). Hier kann das Motiv besprochen werden, Fragen
können beantwortet werden, außerdem ist es sinnvoll vorher
einander kennen zu lernen, damit eine gute Basis für das spätere
Branding gelegt ist.
Manchmal ist es sinnvoll ein Probebranding zu vereinbaren,
um zu prüfen, wie das individuelle Gewebe reagiert. Das Probebranding
wird mit einem 10mm langen und 0,5mm dicken Eisen an einer möglichst
unauffälligen Stelle ausgeführt. Das kostet € 50,- und
kann mit dem Erstberatungstermin verknüpft werden.
Das eigentliche Branding kostet zwischen € 150,-
und 500,- je nach der Anzahl der Strokes und dem Aufwand, den die Herstellung
der Eisen erfordert. Enthalten hierin ist eine Nachbetreuung, die entweder
telefonisch oder persönlich erfolgen kann. Dieses Nachsorgeangebot
sollte unbedingt angenommen werden. Die benutzten Eisen werden Euch
mitgegeben, Ihr solltet sie gut aufbewahren, damit sie für ein
eventuelles Nachbrennen des Brandings genutzt werden können. Das
Nachbrennen kostet 50% des Erstbranding-Preises.
Zeremonien als Initiations-Ritus, zur Verbindung eines
Paares, zur Annahme einer Sklavin oder eines Sklaven oder wenn das Branding
am Wohnort des Branding-Kunden gemacht werden soll sind preislich anders
gestaltet - der Preis berechnet sich dann je nach Aufwand und natürlich
kommen eventuelle Spesen-Kosten hinzu.
Juristische
Fragen
Brander und ihre Kunden bewegen sich in einer juristischen Grauzone.
Bisher ist es weder legal noch illegal. Der Körperverletzungsparagraph
spielt hier die entscheidende Rolle. Einvernehmliche Körperverletzungen
werden strafrechtlich nicht verfolgt, solange sie nicht gegen die guten
Sitten verstoßen (bei einvernehmlichen Körperverletungen
z.B. bei Piercings und Tattoos hat man festgestellt, daß sie nicht
gegen die guten Sitten verstoßen, bei Branding gibt es noch keine
Präzendenzurteile). Aber wo kein Kläger, da ist auch kein
Richter.
Wie "in" ist
Branding?
Vor geraumer Zeit gab es mehrere Berichte in den Medien. Das hatte
etwa 25 Anrufe zur Folge, davon kamen 5 von Menschen, die an einem Branding
interessiert waren, der Rest kam vom Fernsehen, dem Radio oder Zeitschriften.
Die Medien versuchen einen Trend zu machen, aber die Menschen machen
da nicht mit.
Ist Branding
mit anderen Körperschmucktechniken vergleichbar?
Es ist mit nichts vergleichbar. Beim Branding hört man zuerst den
Gasbrenner. Bevor das Eisen angesetzt wird, spürt man schon die
Wärme des Eisens auf der Haut. Dann hört man es zischen, spürt
kurz den Schmerz und riecht verbrannte Haut. Diese Gesamtheit
unterschiedlichster, intensiver Sinneseindrücke findet man weder
beim Piercing noch beim Tättowieren.
Ihr wollt selbst
euren Partner branden?
Wir geben euch gerne den einen oder anderen Tipp, raten aber
dringend davon ab, mal eben Brandings selbst zu versuchen. Wir haben
schon die gruseligsten Geschichten gehört.
Und wenn ihr von uns nur ein Brandeisen gemacht bekommen wollt, dann
sind wir auch eher nicht die richtigen Ansprechpartner.
Copyright: Matthias
T. J. Grimme (Stahl Stich) 1997/2016 |